Die Gründung von Cîteaux

Das Zisterzienserideal ist auf benediktinischem Boden gewachsen und verstand sich immer ganz entschieden als benediktinisches Mönchtum.

Abt Robert (+1100) und seine Gefährten, die um 1098 aus ihrer im Feudalsystem etablierten Abtei Molesme auszogen, versuchen in Cîteaux (lateinisch Cistercium), südlich von Dijon in Burgund, das benediktinische Ideal konsequenter zu verwirklichen. Die Reformabsicht dieser Gründergruppe tritt bereits in der Namensgebung zu Tage, denn Cîteaux heißt, laut den Urkunden, im ersten Jahrzehnt schlicht und einfach das "Neukloster" (novum monasterium). 

Unter den ersten Äbten der Neugründung, Robert (1098-1099), Alberich (1099-1108) und Stephan Harding (1108-1133), nehmen das zisterziensische Reformprogramm und die Ordensverfassung ganz konkrete Züge an, bis sie um 1152 in den wesentlichen Punkten ziemlich definitiv fixiert sind. 

Das für die Geschichte von Cîteaux entscheidende Ereignis war, im Jahre 1113, der Eintritt des 23jährigen Bernhard von Fontaine und seiner rund 30 Gefährten, die sich alle auf das Ordensleben in einer gemeinsamen "Retraite" gut vorbereitet hatten. 1115 wird Bernhard Abt des von ihm gegründeten Klosters Clairvaux, das er bis zu seinem Tod (1153) leitete und zum Ausgangspunkt eines sehr verzweigten Filiationssystems machte.

Mit der Ankunft Bernhards begann die ungeheure Expansion Cîteaux', das ohne ihn wohl keine Zukunft gehabt hätte, wie damals übrigens viele solcher Gründungen. Bereits 1113 erfolgte die erste Tochtergründung von La Ferté, 1114 die zweite von Pontigny, 1115 die dritte und vierte in Clairvaux und Morimond. 1118 konnte Clairvaux seinerseits ein Tochterkloster gründen: somit wurde Cîteaux zu einem Orden. Im Jahre 1119 bestätigte Papst Kalixt II. zum ersten Mal die Ordensverfassung von Cîteaux, die berühmte Charta caritatis.

Die Spiritualität der Zisterzienser 

Aus den Dokumenten der ersten fünf Jahrzehnte läßt sich das zisterziensische Ideal in nachstehenden Punkten zusammenfassen:

  1. die Rückkehr zur 'reinen' Regula Benedicti durch eine geradezu revolutionär anmutende Säuberung der benediktinischen Überlieferung, was die klösterlichen Sitten (Consuetudines) und die Liturgie betrifft.
  2. das Bemühen um Authentizität (veritas), namentlich im Umgang mit den Grundtexten des mönchischen Lebens (Bibel, liturgische Bücher).
  3. die Betonung der Armut durch Handarbeit, Eigenwirtschaft (mit Hilfe der von den Zisterziensern zur Institution erhobenen Konversen) und durch das anfänglich radikale Meiden feudalistischer Abhängigkeitsstrukturen.
  4. die Forderung nach einheitlicher Lebensweise gemäß dem Vorbild von Cîteaux und den vom jährlichen Generalkapitel erlassenen Statuten.

Doch auch der Zisterzienserorden hatte unter dem Auf und Ab der Weltgeschichte zu leiden, so trugen die Reformation und später die französische Revolution entscheidend zu seinem Niedergang bei. Doch im XVI. und XIX. Jh. erwachte neuer Eifer. Leider konnte er nicht verhindern, dass sich der Orden spaltete und wir heute zwei Ordenzweige haben: den Zisterzienserorden und den Zisterzienserorden der strikten Observanz auch Trappisten genannt.

Die Werke des heiligen Bernhard waren sehr verbreitet - man kennt heute 1500 Handschriften - und wurden zu allen Zeiten übersetzt und eifrig gelesen. Mit seinem Freund Wilhelm von St-Thierry (+1148), dem Engländer Aelred von Rievaulx (+1167) und dem Belgier Guerric von Igny (+1157) bildete er das Viergespann - die "vier Evangelisten von Cîteaux". Von allen Autoren des Ordens ist der heilige Bernhard aber der einzige, der in Cîteaux selbst sein Noviziat gemacht und die Gründerpioniere noch persönlich gekannt hat.